Zweckgebunden

Jaja, die ganzen Datenschützer und Netzaktivisten, die sich gegen die Internetzensurpläne der von der Leyen stemmen, sind doch alles verkappte Unterstützer von KiPo. Und sowieso, die sind doch Paranoid. Der Staat würde doch niemal eine solche Infrastruktur auch gegen andere Dinge (aus-) nutzen! Die sollten einfach mal ein bisschen mehr Vertrauen in den Staat haben…

Oder?

NEIN! Denn wie heute futurezone berichtet, will die deutsche Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) in Angesichts des Amoklaufs in Winnenden “gewaltbefördernde Elemente im Internet” eindämmen oder blockieren. Na super! KiPo ist ja noch halbwegs eindeutig (obwohl auch da immer wieder anderes auf den Sperrlisten landet, in Australien bspw. eine Anti-Abtreibungsseite). Aber “gewaltbefördernde Elemente im Internet” kann nun wirklich alles sein….

In Angesichts solcher Forderungen nach einer solch kurzen Zeit, muss der Widerstand gegen Zensurlisten im Internet unbedingt aufrecht erhalten werden. Denkt darüber nach und ihr werdet merken wie wichtig dieser Widerstand ist.

Rekonstruktionen

Nachdem ich heute die neusten Zietungsmeldungen gelesen habe, muss ich doch noch ein oder zwei Dinge zu dem Amoklauf sagen.

Erstens macht mich die Täterdarstellung wahnsinnig. Wo am ersten Tag noch von einem netten, sehr intensiv und gut Tischtennis spielendem Jungen die Rede war, steht heute bei der SZ bspw. nur noch, “Seine Freizeit habe der 17-Jährige mit Killerspielen und Horrorfilmen verbracht.
Mit solchen Aussagen steht die SZ aber keineswegs allein dar. Im Gulli:Board findet sich eine schöne Analyse der veränderten Darstellung des Täters in den Medien. Etwas schnippisch, aber inhaltlich wirklich lesenswert. Es erscheint fast, als hätte die TT-Vereinsmitgliedschaft etwa nicht mehr ins Bild des medial akzeptablen Attentäters gepasst!?

Und auch der zweite Punkt, bei dem ich mich nicht zurückhalten kann, hängt wieder mit den Medien und dem Aktionismus der Politik zusammen. Die vermeintliche Falschmeldung über eine Vorankündigung der Tat im Internet. Man kann sich natürlich nicht 100% sicher sein, dass der Täter keinen Beitrag vor seiner Tat verfasst hatte. Aber ich persönlich verstehe auch nicht, wieso es so ungemein wichtig ist. Klar, der Tathergang muss rekonstruiert werden, aber reicht es nicht wenn man den Tathergang in einem fundierten Abschlussbericht ergründen kann? So zynisch es sich anhört, aber im Moment wird mit solchen Exklusivmeldungen keinem mehr geholfen. Es wird auch kein neuer Trittbrettamoklauf verhindert. Erfolgreiche Maßnahmen resultieren in der Regel nicht aus politischen Schnellschüssen, die aus der Hüfte kommen.

Aber ich vergaß. Es geht ja schon lang enicht merh um den Täter oder die Opfer. Es geht um die Medienmaschinerie und Politik. Der Innenminister musste schnelle Erfolge vorlegen, da ihn die Presse sonst schnellstens als inkompetent dargestellt hätte. Und wenn die Nachricht der Vorabankündigung über das Internet dann auch noch so perfekt ins erwartete Bild des Amokläufers passt, dann kann ich verstehen, dass er schnellstens damit an die Öffentlichkeit wollte.

Und nun? Nun geht es um Schadenbegrenzung. Natürlich Schaden gegenüber seines Amtes oder seiner Person. Eine Falschmeldung, die vom Innenminister unter Vortäuschung falscher Fakten verifiziert wird, ist wirklich eine ziemliches Disaster. Aber ob es nun dadurch besser wird, verworrene Spekulationen darüber anszustellen, ob der Täter möglicherweise Internetcafés genutzt oder Zugriff auf eine bislang unbekanntes Notebook gehabt hatte, mag ich stakr bezweifeln. Außerdem stellt sich jedem vernünftigen Menschen die Frage, warum er das denn hätte verschweigen sollen. Unter der Annahme, dass er seine geplante Tat geheimhalten und möglicherweise flüchten wollte, kann man davon ausgehen, dass er überhaupt auf jegliche Nachricht verzichtet hätte. Wenn er aber eine Nachricht schrieb, so macht es überhaupt keinen Sinn, diese geheim von einem fremdem PC aus zu senden.

Naja aber mit der Vernunft ist es wohl bei so manchem in den heutigen Tagen nicht mehr so weit. Wie sonst könnte man auf die Idee kommen, die Verbindungsdaten der Provider zur Klärung dieser, meines Erachtens nicht wirklich maßgeblichen, Nachricht zu überprüfen? Würde das irgendetwas oder irgendwem helfen?
Manchmal hoffe ich wirklich, dass die Medien irgendwann doch etwas zurückhaltender werden und beende meinen Erguss mit dem schlechten Gewissen durch meinen Beitrag eine eigentlich Sinnlose Diskussion noch weiter anzuheizen…

Sprachlos

Ich bin ob des Amoklaufs in BaWü sprachlos. Es ist eine Tragödie unfassbaren Ausmaßes für alle Betroffenen, denen ich mein tiefstes Beileid ausspreche.

Aber sie, die Betroffenen, sind schon lange kein Thema mehr in dem Zirkus, der nun medial um den Amoklauf gesponnen wird. Betroffenheit aber auch Anschuldigungen und Mutmaßungen aus allen Ecken und Enden. Und leider auch wieder mal politischer Aktionismus. Wenn etwas schief geht, muss etwas verboten werden. Und bei einem Amoklauf ist nicht schwer zu erraten, was das sein soll: Killerspiele.

Dabei kann ich nur sprachlos bleiben, denn zur Thematik wurde schon vor 3 Jahren nach der Tragödie in Emsdetten alles gesagt. Allerdings wird es garantiert nicht still darum bleiben und ich möchte doch auf ein kurzes Zitat auf Telepolis verweisen, das die Problematik der Diskussion m.E. ganz gut auf den Punkt bringt. Es geht nicht um den Inhalt, um Fakten oder ähnliches, es geht um die mediale Vermittlung. Es geht darum zu zeigen, dass etwas unternommen wird gegen einen Misstand den jeder vermeintlich nachvollziehen kann…

Vor der Pressekonferenz über Hintergründe des gestrigen Amoklaufes in Winnenden, belieferten Funktionäre und Politiker die Presse bereits mit den für solche Fälle üblichen Hintergrundsannahmen, die auf einen Ausschnitt der Polizeiermittlungen aufbauen, und die sich in politisch attraktive Handlungen übersetzen lassen: gesetzliche Maßnahmen gegen die Verbreitung von “Killer-Computerspielen”.